Direkt zum Inhalt
Hebelbrunnen

Der lange Kampf um sauberes Wasser

In Deutschland sind heute nahezu 100 Prozent der Bevölkerung an das öffentliche Wassernetz angeschlossen und genießen in den eigenen vier Wänden Trinkwasser in höchster Güte. Dass das keineswegs selbstverständlich ist, zeigt ein Blick in die Menschheitsgeschichte. Angesichts der Abhängigkeit sesshafter Kulturen von sauberem, jederzeit verfügbarem Wasser waren die Menschen weltweit in Sachen Wasserversorgung und Wasserqualität ähnlich erfindungsreich wie bei der Entwicklung der Waffentechnik.

Jäger und Sammler

Vor über 8000 Jahren: Trinkwasser aus natürlichen Vorkommen wie Quellen, Bächen, Flussläufen und Süßwasserseen. Künstlich angelegte Wassergruben oder kleine Saugbrunnen. Erster Wasserfilter: Grasstopfung, durch die das Wasser hindurchsickert.

Sesshafte steinzeitliche Kulturen

8000 v.u.Z.: Erste Brunnen aus Sandstein im Mittelmeerraum

6000 v.u.Z.: Holzbrunnen

5100 v.u.Z.: Tiefster bekannter Steinzeit- Brunnen Europas (15m tief)

Erste städtische Kulturen

3000 v.u.Z.: Bewässerungskanäle sowie erste Abwasserkanäle in Mesopotamien, Ägypten und in der Indus-Zivilisation (dort auch erste Haustoilette mit Kupferrohrleitungen)

2500 v.u.Z.: Erste Tiefbrunnen in Ägypten

2000 v.u.Z.: Unterirdische Stollen (Qanate) zur Versorgung tiefer gelegener Siedlungen auf dem Gebiet des heutigen Iran.

2000 v.u.Z.: Wasserdesinfektion mittels Abkochens, Sonnenlicht, Holzkohlefiltration, Einbringung von Kupferstücken, Aufbewahrung in Silbergefäßen und sogar Elektrolyse ist in vielen antiken Zivilisationen bekannt.

700 v.u.Z.: Erstes Aquädukt in Assyrien

Erste städtische Kulturen

Griechisch-römische Epoche

800 v.u.Z.–500: Weitreichender Ausbau der Wasserwirtschaft mit Aquädukten, Kanälen, Leitungen, Kleinbauwerken für Wartungs- und Reparaturarbeiten, Wasserentnahmestellen, Verteilerbecken, Rohrleitungen aus Ton, Blei, Holz, Bronze und Stein, Wasserhebeanlagen, Hochdruckleitungen und einer effektiven Entsorgung von Schmutz- und Brauchwasser.

100 n.Chr.: Täglicher Wasserverbrauch in Rom ca. 370 bis 450 Liter/Kopf (Deutschland 2020: 123 Liter/Kopf).

Mittelalter

500–1500: Rückschritt in der Wasserversorgung, Aquädukte verfallen, es werden wieder Brunnen, Sickerschächte und Zisternen verwendet. Einfache Rohrleitungssysteme aus Holz und Ton.

Ab 1300: Entwicklung von Wasserpumpen, die mithilfe von Luftdruck arbeiten.

Frühe Neuzeit

15. bis 17. Jahrhundert: Komplexere Kolbenpumpsysteme und Wasserhebemaschinen, sog. „Wasserkünste“, in 33 deutschen Städten und über 100 kleineren Orten.

1685: Der italienische Arzt Lu Antonio Porzo entwickelt den ersten Mehrfachfilter, bestehend aus einer Absetzstufe und einem Sandfilter.

1746: Der französische Wissenschaftler Joseph Amy erhält ein Patent für einen Wasserfilter aus Wolle, Schwämmen und Holzkohle.

Wasserrad

Neuzeit

1804: Erster dokumentierter Gebrauch von Sandfiltern zur Reinigung von städtischem Wasser im schottischen Paisley.

1806: Paris nimmt eine große Wasseraufbereitungsanlage mit Filtern aus Sand und Holzkohle in Betrieb.

1848: Erste moderne zentrale öffentliche Wasserversorgung in Hamburg.

1854: Choleraepidemie in London durch kontaminierte Wasserpumpen mit rund 14.000 Toten.

1892: Letzte große Choleraepidemie in Deutschland (Hamburg) mit 8.605 Toten.

Ende 19. Jh.: Die zentrale Wasserverteilung erreicht jetzt auch die breitere Bürgerschaft.

Ab 1900: Desinfektionsmittel wie Chlor werden in großem Maßstab eingesetzt.

1960er-Jahre: Ein ausgedehntes Fernwassernetz versorgt auch entlegene Regionen in Deutschland mit Trinkwasser.

1976: Die Legionärskrankheit tritt erstmals nach einem Veteranenkongress der Pennsylvania American Legion auf. 29 der 4.400 Delegierten sterben.

1991: Keine „Schutz-Chlorung“ des Trinkwassers in Deutschland mehr, stattdessen Filtrierung, Ozonierung und Einsatz von UV-Strahlung.

2013: Größter Ausbruch von Legionellose in Deutschland (Warstein) mit 165 Erkrankten und drei Toten.

Spuelkasten