Direkt zum Inhalt
Urban Living - Wohnen in der Blase

Wohnen in der Blase: Zusätzlicher Wohnraum für Städte schaffen

Zusätzlicher Wohnraum für Städte schaffen

Die Künstlerin und Architektin Agnes Brigida Giannone hat für ihren Versuch, mehr Wohnraum in überfüllten Städten zu schaffen, einfach eine Wohnblase zwischen zwei Hauswände geklemmt. Erreichbar ist der Raum über die darunterliegende Telefonzelle mit integrierter Haustechnik. Das ungewöhnliche Bauvorhaben -  Projekt „Bloon“ - war Thema eines Architektur-Seminars der Hochschule Bochum.

Studentisches Wohnen wieder in die Stadt holen

Das Projekt sollte Antworten auf die Probleme des Wohnungsmarktes in der Universitätsstadt Bochum geben, in der jeder siebente Einwohner Student ist. Die Studenten wohnen aktuell zum großen Teil in Studentenwohnheimen außerhalb der Innenstadt in Hochschulnähe. Anlässlich seines 50-jährigen Bestehens überlegte sich das Studentenwerk, wie man dies ändern könnte. Unter der Bedingung, dass am Ende eines Entwurfsseminars ein Modell im Maßstab 1:1 von den Studenten umgesetzt werden könne, nahm die Architektin Agnes Giannone, Lehrbeauftragte für Innenraum der Hochschule, die Aufgabe an. Der interessanteste Entwurf sollte nach dem Seminar von einer Jury unter Vorsitz der Architektin herausgefiltert und dann umgesetzt werden.

Das Wohnen der Zukunft

Wie kann das studentische Wohnen in Zukunft aussehen? Können unscheinbare Orte belebt werden oder Vorgefundenes uminterpretiert werden? Das Projekt „Bloon“ nahm u.a. die pneumatischen Installationen des Architekten & Künstlers Hans Hollein aus den späten 1960er-Jahren als Vorbild. Dieses aufblasbare Büro konnte an öffentlichen Orten aufgestellt werden und sollte temporäres Arbeiten an verschiedenen Orten ermöglichen. Einer der Studenten, David Keuer, entwickelte diese Idee zum Wohnraum weiter. Seine Idee „Luftschloss“ wurde von der Jury einstimmig zur Umsetzung gewählt. Die Luftblase wird dabei wischen zwei Häuser gepresst und beinhaltet verschiedene Holzkonstruktionen für Küche, Bad, Schlaf- und Wohnraum. Somit wurde aus „Luftschloss“ das Projekt „Bloon“.

Wohnen in der Blase
Da kann man reingucken: Nächtliche Impressionen aus der Blase
Telefonzelle als Haustechnikzentrale

Für den Einstieg wurde eine alte Telefonzelle umgebaut, die eine freistehende Treppe ersetzt. Diese Pforte vom öffentlichen in den „privaten“ Bereich wird dabei gleichzeitig als Haustechnikzentrale genutzt: Eingang, Treppenhaus, Dusche, WC sowie die Funktion als Luftschleuse zum Innenraum und als Station für die Druckerhaltung in der Blase finden darin statt. TECElux kam als Gedanke für die WC-Umsetzung ins Spiel, der Gedanke war, es durch die Höhenverstellbarkeit gleichzeitig als „Lift“ nach oben zu nutzen. Da es bei dem WC-Terminal TECElux aber eher um die Komforthöhe bei der WC-Nutzung geht, konnte es diesen Zweck nicht erfüllen.

Technische Unterstützung während der Bauphase

TECE wurde trotzdem zur Unterstützung für dieses Projekt herangezogen und konnte durch das Tragwerksystem TECEprofil bereits bei Stabilitätsschwierigkeiten nach der Entkernung der Telefonzelle eine Lösung bieten. Auch für die Entwässerung der Telefonzelle konnte TECE mit der Duschrinne TECEdrainline ein Produkt für die Dusche beisteuern. Neben TECE hatte das Projektteam viele weitere Unterstützer, die mit Rat und Tat zur Seite standen und Material gesponsort haben. Die Firma Pneumocell aus Wien führte die Konstruktion und den Bau der Blase aus, daneben griffen Akzo Nobel Decoration Paint und die Tischlerei Fischer aus Bochum sowie Mitarbeiter vom Lehrstuhl für Tragwerklehre den Studenten unter die Arme. Insgesamt dauerte der Bau inklusive Vorbereitungen rund ein halbes Jahr.

Ver- und entsorgungstechnisches Provisorium in der Telefonzelle
Ver- und entsorgungstechnisches Provisorium in der Telefonzelle
Wohnen wie unter freiem Himmel

Und wie fühlt sich ein solches Wohnexperiment in der Praxis an? Einen Erfahrungsbericht liefert Kim Stolfik, die als Studentin an dem Projekt mitgewirkt hatte: „Trotz der Transparenz habe ich mich nicht auf dem Präsentierteller gefühlt – die Atmosphäre war eher so, als wurde ich über allem schweben.“ Nach der Showphase am Präsentationsabend unter anderem mit Projektionen auf der Blasenhaut und vielen Passanten ließen sich dann auch die Sterne ungestört betrachten – ein Gefühl wie unter freiem Himmel.

Push to Open: Hier geht‘s in die Wohnung in der ersten Etage
Push to Open: Hier geht‘s in die Wohnung in der ersten Etage